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Der nördlichste Olivenhain Europas

Oliven im Rheinland – Ja klar. Oliven aus dem Glas, werden Sie denken oder als Solitär im Kübel für die Terrasse. Eine Plantage in der Baumschule, da winkt jeder Fachmann ab. Im Winter zu kalt. Lassen Sie sich eines besseren belehren.

Weit mehr als mannshoch waren die 220 Bäume noch vor drei Jahren. Und mit 35 Kilogramm fruchtiger Olivenausbeute fuhren die Brüder Becker der Stommelner Baumschule Heinz Becker im Jahr 2008 eine stattliche Ernte ein. „Der Winter zuvor war mild und der Sommer sehr gut“, erinnert sich Michael Becker. Doch es folgte ein für hiesige Gefilde sehr kalter Winter, darauf gleich noch einer. Jedes Mal war die Hälfte der Bäume futsch. Jedes Mal setzten die Brüder wieder neue Bäumchen mit den klangvollen Namen wie „Leccino“; „Cipressino“ und „Olivastra Seggianese“ in die fruchtbare Erde.

Denn worauf Michael Becker bis heute setzt, auch wenn die Bäume auf der Plantage nun gerade mal bis zu seiner Brust reichen: „Nirgendwo sind die Winter in Deutschland milder als in der Kölner Bucht.“ Und die etwas mehr Minusgrade als in südlicheren Ländern mache zum Teil der sehr fette Boden wett, der den Bäumen in Stommeln geboten werde. „Ich dachte von Anfang an, dass das klappen muss“, erzählt er lachend.

Jener Anfang der Stommelner Olivenhain-Geschichte geht zurück auf das Jahr 2005. Die Becker-Brüder hatten bereits etliche Male vor den Türen eines Kölner Olivenhandels ein halbes Dutzend überdimensionaler Olivenbäume bestaunt. „Im November waren die dann voll mit großen, schwarzen Früchten“, so Michael Becker. Und das im Freien, nicht im Treibhaus. Die Plantage steht im offenem Gelände – zum Teil durch andere Kulturen etwas windgeschützt – in einem Abstand von 3,50 m in der Reihe bei einem Reihenabstand von 4,0 m. Dies ist etwas geringer als in den klassischen Anbauregionen üblich, doch soll sich das Erscheinungsbild des Hains auch mit den jungen Bäumen etwas kompakter darstellen. Die gesamte Anbaufläche ist in den letzten Jahren bereits vergrößert worden. Auf rund 1.500 m² stehen nun knapp 250 Bäume im Alter von nun 3 bis 6 Jahren. Bei der Auswahl wurden schwerpunktmäßig kälteresistentere Sorten ausgesucht, es sind aber auch experimentelle Sorten dabei.
Der Baumbestand umfasst die Sorten: Leccino, Olivastra Seggianese, Pendolin, Taggiasca sowie Tonda Iblea, Biancolila und Canino.

Gemeinsam mit dem Olivenhändler wurde dann die Idee ausgeheckt. Man holte sich 500 junge Bäume aus Italien – und pflanzte 2005 die ersten 80 unter rheinländischen Himmel. „Wir hatten gerade mehrere milde Winter hinter uns“, erinnert sich Michael Becker an die zu Recht hoffnungsvolle Tat. Doch auch damals schon: Der folgende Winter bescherte die Kölner Bucht mit bis dato kaum erlebten minus 22 Grad. Zu viel für etliche der noch jungen Pflänzchen. Zu viel auch für einige Sorten, die den ersten Testlauf mitmachten. Die Hälfte überlebte nicht. Die andere Hälfte kam zum Verkauf in einen Topf. Dem einheitlichen Anblick zuliebe, wurde der ganze Hain mit neuen, gleich großen Bäumen bestückt. Wobei man auf jene Sorten verzichtete, die der Kälte weniger trotzten.

„In diesem Herbst werden wir nicht ernten. Es gab kaum Blütenansätze“, so Michael Becker. Was ihn und seinen Bruder aber nicht sonderlich traurig stimmt. Denn, so der Gärtnermeister: „Auch in Italien oder Spanien gibt es normalerweise erst nach zehn Jahren die erste gute Ernte.“ Ernten, die jene Ausbeute einbrächten, dass sich der Weg zur Olivenpresse lohnt. 100 Kilogramm der kleinen ovalen Früchte bräuchte man mindestens für die Herstellung von Öl. „Damit wir das schaffen, müsste es mehrere milde Winter hintereinander geben“, weiß der Profi. Ein zweischneidiger Wunsch, meint Michael Becker selbst. Sehne er doch keineswegs den schnelleren Klimawandel herbei – und wisse gerade er um die Wichtigkeit knackiger Winterkälte, die die Pflanzenschädlinge in Grenzen hält.

Dennoch träumt er den Traum vom eigenen Olivenöl – vom „Olio di Colonia“. Doch bis es vielleicht einmal so weit ist, wollen die Brüder zunächst kleinere Brötchen backen – und sich mit einem Cuvèe, also dem Verschnitt mehrerer Olivensorten, begnügen. Einen neuen Kooperationspartner, der längst das alljährliche Stommelner Olivenfest bereichert, gibt es bereits – nachdem sich die Wege vom Kölner Olivenhändler inzwischen getrennt haben. Eine griechische, seit drei Generationen in Deutschland lebende Familie sei begeistert vom deutschen Olivenhain. Sie vertreibt, vor allem hierzulande, ein hochwertiges Olivenöl – hergestellt aus griechischen Oliven. Diese könnte man gemeinsam mit den Stommelner Oliven in die Ölmühle geben, die die Familie auf der Insel Lesbos betreibt.

Doch auch das ist derzeit noch Zukunftsmusik. Nun hoffen die Stommelner Idealisten, die ihr Brot mit dem Verkauf eigener Äpfel, Pflaumen, etlicher Fremdwaren sowie mit Landschaftsbau verdienen, erst einmal auf zumindest einen milden Winter – wobei die jungen Olivenbäume immerhin bis zu minus 12 Grad aushalten. „Vielleicht schaffen wir dann im nächsten Jahr wieder eine 35-Kilo-Ernte“, sagt Michael Becker und lächelt. Verdienen werden die Brüder daran nichts. „Wir legen die Oliven ein, entbittern sie und verköstigen sie an unsere Kunden.“ Und vielleicht bekommt ja der eine oder andere Lust auf die eigene Olivenpflanze. Denn auch die kann man bei den Beckers bekommen – allerdings nicht für lau, sondern je nach Alter des Baums für 20 bis 2000 Euro. Das älteste Prachtexemplar zählt 150 Jahre. Und wie man aus der bitteren Frucht eine essbare Köstlichkeit macht – das erfährt man gratis obendrauf.

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